2. August 2021

Helena Dalli

Commissioner for Equality of the European Commission

Gedenkrede zum 2. August 2020, Internationaler Gedenktag an den Holocaust an Sinti und Roma

Am Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma markieren wir eine dunkle und tragische Periode in unserer Geschichte.

Dennoch wissen - bis heute - zu wenige Europäer über den Holocaust der Roma Bescheid, ganz zu schweigen davon, wie er sich weiterhin auf das Volk und die Gemeinschaften der Roma auswirkt. Das müssen wir ändern. Ignoranz ist eine Schwäche und kann dazu führen, dass sich die Geschichte wiederholt. Ignoranz hindert uns daran, bessere, integrativere Gesellschaften aufzubauen.

Als Europäer haben wir die moralische Pflicht, all jene zu würdigen und all derer zu gedenken, die unter dem Nazi-Regime gelitten haben, einschließlich der Roma. Das Gedenken an ihre Verfolgung erinnert uns daran, dass die Roma-Gemeinschaften noch immer vor vielen Herausforderungen stehen. Allzu oft nehmen die Gesellschaften ihre schwierige Lage nicht wahr. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die Herausforderungen, einschließlich Stigmatisierung und Diskriminierung, zu bewältigen.

Da die letzten Überlebenden und Zeugen der Gräueltaten von uns gehen, müssen wir ihre Erinnerung wachhalten. Wir müssen ihre Zeugenaussagen weitergeben. Insbesondere möchte ich Raymond Gurême, einem Überlebenden, der am 24. Mai dieses Jahres verstorben ist, meine Ehrerbietung erweisen. Er wurde zu einer der leidenschaftlichsten Stimmen für gegenseitigen Respekt und Solidarität und zu einer inspirierenden Figur für viele junge Roma. Wir werden sein Andenken ehren und seine Stimme für die kommenden Generationen weitertragen.

Dieses Jahr war für uns alle eine schwierige Zeit. Das Coronavirus hat gezeigt, wie verwundbar wir alle sind. Aber diejenigen, die bereits besonders leicht verletzlich sind, haben während der Krise am meisten gelitten. Mit tiefer Sorge habe ich beobachtet, wie einige in der Bevölkerung die Roma wahrnehmen. Sie haben die Roma als öffentliche Gefahr dargestellt oder sie als Sündenböcke benutzt, indem sie Angst und Hass gegen sie geschürt haben.

Deshalb ist es so wichtig, die Geschichte des Holocaust lebendig zu halten. Wir müssen solche rassistischen Taten öffentlich verurteilen, gegen sie vorgehen und sie sanktionieren. Nach den Schrecken des 20. Jahrhunderts kann es im 21. Jahrhundert keinen Platz für Hass geben. Deshalb fordere ich die Mitgliedstaaten auf, den Kampf gegen Diskriminierung und Antiziganismus zu verstärken.

Wir müssen:

  • eine wirksame Politik zum Gedenken an die Gräueltaten der Vergangenheit gewährleisten;
  • historische Stätten bewahren, die uns helfen, das kollektive Gedächtnis zu bewahren, und
  • Bildung und Forschung in diesem Bereich fördern.

Jeder von uns in der EU sollte unsere Mitbürger, die der Roma Minderheit angehören, mit Würde und Respekt behandeln, da sie ein untrennbarer Bestandteil unserer Gesellschaften sind.

Ich schätze und begrüße die Fortschritte, die einige Mitgliedstaaten mit der formellen Anerkennung des 2. August als Internationalen Holocaust-Gedenktag gemacht haben. Polen hat ihn als erstes Land bereits 2011 anerkannt. Kroatien folgte 2014, ebenso wie Litauen 2019. Seit Juni dieses Jahres gehört auch Rumänien zu dieser Gruppe von Ländern, die diesen Tag anerkennen. Ich lobe diese Entwicklungen und ermutige andere europäische Staats- und Regierungschefs, diesem Beispiel zu folgen.

Die Anerkennung des Internationalen Holocaust-Gedenktags kann nur begrenzt die Würde wiederherstellen, die das Naziregime den Opfern des Holocaust, ihren Familien und ihren Gemeinschaften gestohlen hat. Aber es ist ein sehr wichtiger Schritt. Die Mitgliedstaaten nehmen damit einen wichtigen Standpunkt ein, handeln verantwortungsbewusst und halten eine moralische Verpflichtung ein. Sie stehen auch im Einklang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. April 2015, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, den Holocaust der Roma offiziell anzuerkennen und einen europäischen Gedenktag festzulegen.

Ich versichere Ihnen, dass ich als Kommissarin für Gleichheitspolitik mit Ihnen an vorderster Front im Kampf gegen Antiziganismus und alle anderen Formen des Hasses stehen werde. Noch in diesem Jahr werde ich einen ehrgeizigen strategischen EU-Rahmen für die Zeit nach 2020 für die Gleichberechtigung, Integration und Teilhabe der Roma bis 2030 vorlegen. Außerdem werde ich einen Aktionsplan gegen Rassismus vorlegen, und ich werde dafür sorgen, dass der Kampf gegen Antiziganismus ebenfalls ein fester Bestandteil dieses Plans ist. Um ein Phänomen wirksam bekämpfen zu können, müssen wir zunächst erkennen, dass es existiert.

In einer Zeit, in der Populismus und Rassismus innerhalb der EU auf dem Vormarsch sind, sind Handeln und Solidarität notwendiger denn je. Deshalb müssen wir wachsam bleiben. Wir müssen in Bildung und das Empowerment der Jugend investieren. Wir müssen den sozialen Zusammenhalt stärken und politisches Handeln fördern, das den positiven Einfluss der Vielfalt in unseren Gesellschaften verstärkt.

Möge das Gedenken an alle Opfer des Holocaust, einschließlich der Roma, immer in unseren Herzen und Köpfen bleiben.

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