2. August 2021
Barbara Glück
Leiterin der Gedenkstätte Mauthausen
Statement anlässlich des Europäischen Holocaust-Gedenktages für Sinti und Roma 2020
Die Ausstellungen in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen arbeiten mit einer Vielzahl audiovisueller Interviews von Überlebenden. Eines der beeindruckendsten Zeugnisse ist dabei jenes von Michael Horvath. Michael Horvath stammte aus einer burgenländischen Roma-Familie. Im Juni 1939 wurde er verhaftet. Er überlebte die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald, Gusen und Mauthausen. Im Mai 1945 wurde er von der US-Armee befreit.
In seiner Schilderung bringt Michael Horvath auf beeindruckende Weise die Orientierungslosigkeit zum Ausdruck, mit der viele Überlebende im Moment der Befreiung konfrontiert waren. So wie für viele jüdische Überlende galt auch für Sinti und Roma, dass ein Großteil ihrer Familien ermordet und ihr soziales Umfeld weitgehend zerstört worden waren. Wohin sollten sie also zurückkehren?
Dennoch gelang es Michael Horvath, sich nach seiner Befreiung aus dem KZ ein neues Leben aufzubauen und eine Familie zu gründen. Doch die Feindseligkeit gegenüber Roma und Sinti endete nicht mit dem Nationalsozialismus. Diskriminierungserfahrungen waren auch in den Jahrzehnten danach Teil ihres Alltags. Im Jahr 1995 erreichten sie mit dem Attentat im burgenländischen Oberwart ihren Höhepunkt. 50 Jahre nach Michael Horvaths Befreiung aus Mauthausen wurden zwei seiner Enkelsöhne bei diesem rassistisch motivierten Sprengstoffanschlag ermordet.
Es zählt zu den wichtigsten Aufgaben der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, dieses Weiterleben nationalsozialistischer und rassistischer Ideologie nach 1945 bis in die Gegenwart zu beleuchten und darüber aufzuklären. Gleichzeitig wollen wir Personen wie Michael Horvath würdigen, die trotz aller erlittenen Schicksalsschläge Menschen geblieben sind.
Das ist was wir vor allem unseren jungen Menschen an der Gedenkstätte immer wieder sagen, dass dieser Hass gegen Minderheiten, diese rassistische Getriebenheit des Hasses, dass der 1938 nicht begonnen hat und leider 1945 auch nicht aufgehört hat. Und umso mehr ist es unsere Aufgabe, an diesen Orten, an den Gedenkstätten, das wir daran erinnern, dass wir an der Geschichte von Michael Horvath und an die vielen anderen Schicksale erinnern und dass wir zeigen, dass wir heute umso wachsamer sein müssen, dass genau diese Dinge, die leider immer wieder passieren, dass wir, dass es an uns liegt, dass das nicht wieder passieren darf.
Stellungnahmen
Romani Rose
Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
Katarina Barley
Vice President of the European Parliament
Helena Dalli
EU-Kommissarin für Gleichstellung
Mehmet Daimagüler
Dr. Mehmet Daimagüler, Antigypsyism Commissioner of the Federal Government
Roberta Metsola
Roberta Metsola, President of the European Parliament
Claudia Roth
Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
Paul Blokhuis
Dutch State Secretary Paul Blokhuis
Chris J. Lazaris
Amb. Chris J. Lazaris, IHRA Chairman
Fernand des Varennes
UN-Sonderbeobachter für Minderheitenfragen
Anna-Nicole Heinrich
President of the Synod of the Evangelical Church in Germany (EKD)
Justin Trudeau
Prime Minister of Canada
Roman Kwiatkowski
Vorsitzender der Gesellschaft der Roma in Polen
Erich Schneeberger
stellv. Vorsitzender des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma und Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Bayern
Timea Junghaus
Executive Director
European Roma Institute for Arts and Culture (ERIAC)
Adam Strauß
Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Hessen
Manon Aubry
Manon Aubry, MEP
Adrian-Nicolae Furtuna
Historian at the University of Bucharest
Philomena Franz
Holocaust-Überlebende
Angelina Kappler
German former Weinkönigin
Marian Kalwary
Chairman of the Association of Jews,
Survivors and Victims of the Second World War