2. August 2021
Piotr Gliński
Polnischer Vize-Premierminister und Kulturminister
Stellungnahme anlässlich des Europäischen Holocaust-Gedenktags für die Sinti und Roma am 2. August 2021
Ehrenwerte ehemalige Häftlinge, sehr geehrte Familienmitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,
1929, also vor knapp 100 Jahren, wurde das sogenannte Zentralbüro zur Bekämpfung der Zigeuner in Deutschland gegründet. Mit der Verabschiedung der deutschen Nürnberger Rassengesetze in den 1930ern folgt der systematische Prozess zur Vernichtung der gesamten ethnischen Gruppe
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs führte der Verwaltungsapparat des verbrecherischen Dritten Reichs die Zigeunerfrage ein ‒ den Plan zur Auslöschung der Sinti und Roma, die gemäß der NS-Politik als artfremde und nicht lebenswürdige Individuen galten. Das tragischste Ereignis des Porajmos ‒ der Vernichtung von den Sinti und Roma ‒ war die Liquidation des Zigeunerfamilienlager in dem deutschen KL Auschwitz II-Birkenau in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944.
„Mein Herz ist krank. Es möchte jetzt weinen." schrieb in dem gesprochenen Lied »Blutstränen« Bronisława Wajs ‒ Papusza. "Unsere Herzen schwarz vor Furcht."
Die Roma ‒ wie die Tiere gehetzt, hungernd in den Wäldern, bestialisch ermordet, in die Ghettos verschleppt, vernichtet in den Gaswagen im Lager Kulmhof, eingesperrt in den Sonderzonen, wie in dem sogenannten „Zigeunerfamilienlager“ im KL Auschwitz II-Birkenau, den Pseudoexperimenten ausgesetzt ‒ erlitten ein grausames, unmenschliches Schicksal. Diese tragische Geschichte lernen wir nach zu vielen Jahren des Schweigens kennen.
Auch in Polen, in dem Land, das in Folge der politischen Entscheidungen des sowjetischen Hegemons zu einer ethnischen Einheit werden sollte, mussten mehrere Jahrzehnte vergehen, damit diese Tragödie anerkannt wurde.
Erst in den 70er Jahren nach dem Ersuchen von Herrn Romani Rose, den Vorsitzenden des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, wurde ein Denkmal für die Opfer des Zigeunerfamilienlagers im KL Auschwitz gestiftet. Im Jahr 2001, zum Jahrestag der Auflösung, hat das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau in Oświęcim im Block 13 eine ständige Ausstellung über Porajmos eröffnet.
Vor 10 Jahren, am 29. Juli 2011, hat das Parlament der Republik Polen mit einem Sonderbeschluss den 2. August zum Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma ausgerufen.
2015 erklärte das Europaparlament den 2. August zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma.
Allen Opfern des KL Auschwitz-Birkenau zolle ich meinen höchsten Respekt und verbleibe in tiefer Hoffnung, dass die tragische Erfahrung, von der solch grausam dezimierten ethnischen Gruppe eine tiefe Narbe in unseren Herzen hinterlassen möge, damit das, was diesen freien Menschen widerfahren ist, nie wieder in der Menschheitsgeschichte passiere.
Stellungnahmen 2021
Romani Rose
Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
Katarina Barley
Vice President of the European Parliament
Helena Dalli
EU-Kommissarin für Gleichstellung
Claudia Roth
Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
Paul Blokhuis
Dutch State Secretary Paul Blokhuis
Chris J. Lazaris
Amb. Chris J. Lazaris, IHRA Chairman
Fernand des Varennes
UN-Sonderbeobachter für Minderheitenfragen
Anna-Nicole Heinrich
President of the Synod of the Evangelical Church in Germany (EKD)
Justin Trudeau
Prime Minister of Canada
Roman Kwiatkowski
Vorsitzender der Gesellschaft der Roma in Polen
Erich Schneeberger
stellv. Vorsitzender des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma und Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Bayern
Timea Junghaus
Executive Director
European Roma Institute for Arts and Culture (ERIAC)
Adam Strauß
Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Hessen
Manon Aubry
Manon Aubry, MEP
Adrian-Nicolae Furtuna
Historian at the University of Bucharest
Philomena Franz
Holocaust-Überlebende
Angelina Kappler
German former Weinkönigin
Marian Kalwary
Chairman of the Association of Jews,
Survivors and Victims of the Second World War
Piotr Gliński
First Deputy Prime Minister and the Minister of Culture and National Heritage of Poland
Izabela Tiberiade
Young Activist from Sweden
Ursula Krechel
Schriftstellerin
Marija Pejčinović Burić
Generalsekretärin des Europarates
Klaus Iohannis
Präsident Rumäniens